Lebensadern der Effizienz: Die entscheidende Rolle digitaler Werkzeuge bei der Umgestaltung des Gesundheitswesens

"Digitale Werkzeuge im Gesundheitswesen sind nicht nur Verbesserungen, sie sind Lebensadern in einem Meer systemischer Ineffizienz."

Zitat zu Digitalisierung im Gesundheitswesen

Das Gesundheitswesen steht weltweit vor großen Herausforderungen. Trotz des medizinischen Fortschritts sind viele Systeme von Bürokratie, fragmentierten Informationen und veralteten Prozessen geprägt. Digitale Werkzeuge sind in diesem Kontext nicht nur optionale Verbesserungen, sondern wesentliche Lebensadern, die dazu beitragen können, ein ineffizientes System zu transformieren und Leben zu retten.

Die drängenden Ineffizienzen im Gesundheitswesen

Die aktuelle Infrastruktur vieler Gesundheitssysteme ist häufig durch folgende Probleme gekennzeichnet:

  • Fragmentierte Patientendaten: Wichtige Gesundheitsinformationen sind oft über verschiedene Abteilungen und Einrichtungen verstreut, was zu Verzögerungen bei Diagnose und Behandlung führt.
  • Manuelle Prozesse: Papierbasierte Dokumentationen und Faxgeräte sind in vielen Einrichtungen noch an der Tagesordnung, was die Fehleranfälligkeit erhöht und Zeit kostet.
  • Kommunikationslücken: Mangelnde Vernetzung zwischen den Fachbereichen erschwert die Abstimmung von Behandlungen und führt zu Doppeluntersuchungen.

Diese Ineffizienzen wirken sich direkt auf die Patientenversorgung aus und können im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein.

Digitale Werkzeuge als transformative Kraft

Digitale Technologien bieten praktikable Lösungen für diese systemischen Probleme:

  • Elektronische Patientenakten (EPA): EPAs ermöglichen den sofortigen Zugriff auf die komplette Patientenhistorie. Dies beschleunigt nicht nur Diagnosen, sondern verringert auch das Risiko von Behandlungsfehlern. Ein zentrales System erleichtert die Kommunikation zwischen verschiedenen Leistungserbringern und sorgt für eine kohärente Versorgung.
  • Künstliche Intelligenz in der Diagnostik: KI kann große Datenmengen analysieren und Muster erkennen, die menschlichen Ärzten verborgen bleiben. Beispielsweise kann sie frühe Anzeichen von Krankheiten wie diabetische Retinopathie oder bestimmte Krebsarten erkennen, was ein frühzeitiges Eingreifen ermöglicht.
  • Telemedizin: Durch virtuelle Konsultationen können Patienten, insbesondere in ländlichen oder unterversorgten Gebieten, schnell und effizient medizinisch versorgt werden. Das verkürzt Wartezeiten und entlastet überfüllte Praxen und Krankenhäuser.
  • Wearables und Echtzeit-Monitoring: Tragbare Geräte ermöglichen die kontinuierliche Überwachung von Vitalparametern. Patienten mit chronischen Erkrankungen können so in Echtzeit über kritische Veränderungen informiert werden, was ein proaktives Handeln und eine personalisierte Behandlung ermöglicht.

Fallbeispiele: Digitale Werkzeuge retten Leben

  • Notfallversorgung ohne Zeitverlust: Stellen Sie sich einen Patienten mit akuten Brustschmerzen vor, dessen komplette Krankengeschichte dank EPAs sofort verfügbar ist. Lebensrettende Entscheidungen können ohne Zeitverlust getroffen werden, was die Überlebenschancen deutlich erhöht.
  • Früherkennung durch KI: Ein KI-System analysiert routinemäßig durchgeführte Netzhautscans und erkennt frühzeitig Anzeichen einer diabetischen Retinopathie. Durch eine frühzeitige Behandlung kann die Erblindung des Patienten verhindert werden.
  • Management chronischer Erkrankungen: Ein Patient mit Herzinsuffizienz trägt ein Wearable, das Unregelmäßigkeiten erkennt und automatisch den behandelnden Arzt informiert. Bevor es zu einer lebensbedrohlichen Situation kommt, kann der Arzt eingreifen.

Herausforderungen bei der Umsetzung

Trotz der offensichtlichen Vorteile gibt es Hindernisse:

  • Kosten: Die Implementierung und Wartung digitaler Systeme erfordert erhebliche Investitionen.
  • Datensicherheit und Datenschutz: Sensible Gesundheitsdaten müssen vor unbefugtem Zugriff geschützt werden, was hohe Sicherheitsstandards erfordert.
  • Akzeptanz und Schulung: Medizinisches Personal muss geschult werden, um neue Technologien effektiv nutzen zu können. Widerstand gegen Veränderungen kann die Einführung verzögern.

Strategien zur Überwindung von Barrieren

  • Investitionen in die Infrastruktur: Regierungen und Gesundheitseinrichtungen sollten langfristige Investitionen tätigen, um digitale Technologien flächendeckend einzuführen.
  • Stärkung des Datenschutzes: Die Entwicklung und Einhaltung strenger Datenschutzrichtlinien erhöht das Vertrauen von Patienten und Personal in digitale Systeme.
  • Aus- und Weiterbildung: Kontinuierliche Weiterbildungsprogramme fördern die Akzeptanz und Kompetenz im Umgang mit neuen Technologien.
  • Transparente Kommunikation: Klare Informationen über Nutzen und realistische Risiken digitaler Werkzeuge können Vorbehalte abbauen.

Fazit

In einem Meer systemischer Ineffizienzen sind digitale Werkzeuge die notwendigen Lebensadern, um das Gesundheitswesen zu revitalisieren. Sie bieten nicht nur Lösungen für aktuelle Probleme, sondern legen den Grundstein für ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem. Durch ihre Implementierung können wir sicherstellen, dass Patienten, wie der eingangs erwähnte Notfallpatient, schnell, effizient und sicher behandelt werden - unabhängig davon, durch welche Krankenhaustür sie gehen.

Dr. Sven Jungmann beim Big Bang Health Festival
Keynote Rede über Innovation in Deutschland von Dr. Sven Jungmann

Medizin muss mehr sein als eine Praxis, sie muss ein Versprechen der Menschlichkeit im Zeitalter der Technologie sein.

Einleitung

Dr. Sven Jungmann "Wie gesund wollen wir sein?" Zitat Medizin

Im Zeitalter des rasanten technologischen Fortschritts, in dem Künstliche Intelligenz (KI), Telemedizin und automatisierte Systeme zunehmend Einzug in das Gesundheitswesen halten, wird häufig eine zentrale Frage aufgeworfen: Verliert die Medizin dadurch ihre Menschlichkeit? Die obige Aussage unterstreicht, dass Medizin mehr sein sollte als eine technische Praxis; sie muss ein Versprechen der Menschlichkeit bleiben. Dieses Versprechen ist in einer Zeit, in der Daten und Algorithmen oft an erster Stelle stehen, aktueller denn je. Doch wie kann die Medizin ihre Menschlichkeit bewahren und durch Technologie sogar stärken?

Technik als Unterstützung, nicht als Ersatz

Es besteht die berechtigte Sorge, dass Patienten durch die fortschreitende Digitalisierung des Gesundheitswesens zu bloßen Datensätzen und Algorithmen degradiert werden. Die Implementierung technischer Lösungen birgt tatsächlich die Gefahr, dass der menschliche Kontakt und das Vertrauen zwischen Patient und Arzt auf der Strecke bleiben. Diese Befürchtung lässt jedoch außer Acht, dass die Technologie nicht als Ersatz für die ärztliche Betreuung, sondern als Erweiterung der Möglichkeiten zu ihrer Unterstützung dienen sollte.

Technologie hat das Potenzial, Routineaufgaben und Verwaltungsaufwand zu automatisieren und zu rationalisieren, so dass Ärzte mehr Zeit für die Patientenversorgung haben. Während KI die Diagnostik verbessert und automatisierte Systeme bei der Verwaltung von Patientendaten helfen, wird der menschliche Arzt nicht überflüssig. Vielmehr werden ihm Werkzeuge an die Hand gegeben, mit denen er sich stärker auf das konzentrieren kann, was wirklich zählt: das Gespräch, das Zuhören und die persönliche Betreuung.

Technik im Dienst der Empathie

Ein Paradebeispiel für die Synthese von Technologie und Menschlichkeit ist der Einsatz von KI in der emotionalen Analyse. KI-gestützte Systeme sind in der Lage, subtile emotionale Signale eines Patienten zu erkennen, die in einem kurzen Arzt-Patienten-Gespräch übersehen werden könnten. Diese zusätzlichen Informationen helfen dem Arzt, die emotionalen Bedürfnisse des Patienten besser zu verstehen und sensibler darauf zu reagieren.

Ein anderes Beispiel ist die Telemedizin. Sie bietet Patienten in abgelegenen oder unterversorgten Gebieten dringend benötigte medizinische Versorgung und verbessert damit den Zugang erheblich. Sie wird jedoch oft als „unpersönlich“ kritisiert, da der Arzt nicht physisch anwesend ist. Durch den Einsatz fortschrittlicher Sprachanalysetechnologien, die Stimmungsschwankungen oder Sorgen in der Stimme der Patientin oder des Patienten erkennen, kann die Telemedizin menschlicher und einfühlsamer gestaltet werden. So wird die Distanz durch digitale Intelligenz überbrückt und die emotionale Bindung zwischen Ärztin/Arzt und Patientin/Patient bleibt erhalten.

Balance zwischen Effizienz und Humanität

Der technologische Fortschritt bringt unbestreitbare Effizienzsteigerungen mit sich, sei es durch Robotik in der Chirurgie, KI-gestützte Bildanalyse oder datenbasierte Entscheidungsfindung in der Medizin. Diese Effizienz darf aber nie auf Kosten der Menschlichkeit gehen. Entscheidend ist eine Balance: Technik kann Ärztinnen und Ärzte entlasten und Prozesse beschleunigen, darf aber den Menschen nicht in den Hintergrund drängen. Im Gegenteil, sie sollte als Werkzeug dienen, um mehr Zeit für das menschliche Gespräch zu schaffen und eine tiefere Beziehung zwischen Ärztin/Arzt und Patientin/Patient zu ermöglichen.

Fallbeispiele: Versprechen und Herausforderungen

In der Palliativmedizin hat die Technologie beispielsweise eine enorme Rolle bei der Verbesserung der Pflegeplanung durch prädiktive Analysen gespielt. KI kann den Verlauf von Krankheiten vorhersagen und hilft, Behandlungsentscheidungen präziser zu treffen. Dennoch bleibt der menschliche Faktor unverzichtbar, insbesondere in einem Bereich, der in hohem Maße auf Einfühlungsvermögen und emotionale Unterstützung angewiesen ist. Die Herausforderung besteht darin, die Technologie so einzusetzen, dass sie den Bedürfnissen eines Menschen in ihrer Gesamtheit - physisch, emotional und psychologisch - gerecht wird.

Ein weiteres Beispiel ist die Telemedizin während der COVID-19-Pandemie, die die Notwendigkeit und das Potenzial dieser Technologie aufgezeigt hat. In einer Zeit, in der der persönliche Kontakt aus Sicherheitsgründen eingeschränkt war, konnten Ärztinnen und Ärzte dank der Telemedizin eine enge Verbindung zu ihren Patient/innen aufrechterhalten und gleichzeitig deren Sicherheit gewährleisten. Diese Praxis hat gezeigt, dass Technologie und Menschlichkeit Hand in Hand gehen können, wenn sie richtig eingesetzt werden.

Ethische Leitplanken: Menschlichkeit als Basis

Technologie darf niemals als Allheilmittel betrachtet werden, das die ethischen und sozialen Verpflichtungen der Medizin verdrängt. Privatsphäre, Autonomie und Würde der Patientinnen und Patienten müssen jederzeit gewahrt bleiben. Dabei geht es nicht nur um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, sondern um das Versprechen, dass Medizin auch im digitalen Zeitalter eine zutiefst menschliche Praxis bleibt.

Um dies zu gewährleisten, müssen wir einen starken ethischen Rahmen schaffen, der die technologische Innovation lenkt und sicherstellt, dass der Patient immer im Mittelpunkt steht. Die Technologie sollte als Katalysator wirken, der die Beziehung zwischen Arzt und Patient vertieft und nicht entmenschlicht.

Schlussfolgerung

Dr. Sven Jungmann Keynote zu maschinellem Riechen.

Medizin im Zeitalter der Technologie darf nicht nur eine Praxis des Heilens sein - sie muss ein Versprechen der Menschlichkeit sein. Die Zukunft der Gesundheitsversorgung liegt nicht darin, Technologie als Ersatz für menschliche Interaktion zu sehen, sondern darin, sie zu nutzen, um menschliche Bindungen zu vertiefen, die Versorgung zu verbessern und Empathie zu stärken. Wenn uns das gelingt, können wir sicherstellen, dass die Medizin auch im digitalen Zeitalter ihre zentrale Rolle als Hüter der Menschlichkeit behält.

In meinem Buch „Wie gesund wollen wir sein?”, das bei Penguin Random House erschienen ist, gehe ich genau dieser Frage nach. Ich untersuche, wie die Integration von KI und Digitalisierung dazu beitragen kann, die Medizin nicht nur effizienter, sondern auch menschlicher zu machen - ein Versprechen, das in der modernen Gesundheitsversorgung von uns allen eingefordert werden muss.


Im Gesundheitswesen ist die Zukunft bereits überfällig; unser Zögern kostet jeden Tag Leben.

Im Gesundheitswesen ist die Zukunft bereits überfällig; unser Zögern kostet jeden Tag Leben.

Einleitung

In einer Zeit, in der Technologie unser tägliches Leben dominiert und revolutioniert, steht das Gesundheitswesen vor einer kritischen Schwelle. Die eingangs zitierte Aussage betont die Dringlichkeit, mit der Innovationen im medizinischen Bereich nicht nur wünschenswert, sondern notwendig sind. Die Zukunft hat bereits Einzug in viele Aspekte unserer Gesellschaft gehalten, doch im Gesundheitswesen scheint sie oft noch auf Widerstände zu stoßen. Dieses Zögern hat nicht nur ökonomische oder organisatorische Folgen, sondern kostet buchstäblich Menschenleben.

Die Dringlichkeit der Innovation

Moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz, Big Data und Telemedizin bieten beispiellose Möglichkeiten, Diagnosen zu verbessern, Behandlungen zu personalisieren und den Zugang zur medizinischen Versorgung zu erweitern. KI kann Muster in komplexen Datensätzen erkennen, die menschlichen Augen verborgen bleiben, und so frühzeitig Krankheiten diagnostizieren. Telemedizin ermöglicht es Patienten in abgelegenen Gebieten, Spezialisten zu konsultieren, ohne weite Reisen auf sich nehmen zu müssen.

Konsequenzen des Zögerns

Das Festhalten an veralteten Systemen führt zu Ineffizienzen und Verzögerungen, die sich direkt auf die Patientengesundheit auswirken. Fehlende digitale Vernetzung kann dazu führen, dass wichtige Patientendaten nicht rechtzeitig verfügbar sind. Dies kann Diagnosen verzögern oder zu Fehldiagnosen führen. Jeder Tag, an dem wir moderne Technologien nicht vollständig nutzen, ist ein Tag, an dem Patienten nicht die bestmögliche Versorgung erhalten.

Herausforderungen und Barrieren

Trotz der offensichtlichen Vorteile gibt es Gründe für die Zurückhaltung. Datenschutzbedenken sind berechtigt und müssen ernst genommen werden. Die Integration neuer Technologien erfordert finanzielle Ressourcen und kann für bereits überlastetes medizinisches Personal zusätzlichen Schulungsbedarf bedeuten. Zudem besteht die Sorge, dass der menschliche Aspekt der Medizin durch Technik verdrängt werden könnte.

Der Weg nach vorn

Um diese Herausforderungen zu meistern, ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich. Regierungen und Gesundheitsorganisationen müssen klare Richtlinien und Standards für den Einsatz neuer Technologien entwickeln, die sowohl Innovation fördern als auch Datenschutz gewährleisten. Investitionen in die Aus- und Weiterbildung des medizinischen Personals sind entscheidend, damit neue Systeme effektiv genutzt werden können.

Die Balance zwischen Technologie und Menschlichkeit

Technologie sollte als Werkzeug dienen, um die menschliche Komponente der Medizin zu stärken, nicht zu ersetzen. Durch die Automatisierung administrativer Aufgaben kann mehr Zeit für die direkte Patientenbetreuung gewonnen werden. Datengestützte Entscheidungen können die Behandlungsqualität erhöhen, während die Empathie und das Fachwissen der Ärzte weiterhin im Mittelpunkt stehen.

Fazit

Dr. Sven Jungmann als Podiumsredner

Die Zukunft des Gesundheitswesens ist nicht nur eine Möglichkeit, sondern eine Notwendigkeit, die es jetzt zu ergreifen gilt. Unser Zögern behindert nicht nur den Fortschritt, sondern hat direkte Auswirkungen auf die Gesundheit und das Leben von Menschen. Es liegt in unserer Verantwortung, die vorhandenen Technologien sinnvoll zu integrieren und dabei die Balance zwischen Innovation und Menschlichkeit zu wahren. Nur so können wir ein Gesundheitswesen schaffen, das den Herausforderungen der Gegenwart gewachsen ist und bereit für die Zukunft.

In meinem Buch „Wie Gesund Wollen Wir Sein?” habe ich diese Themen ausführlich beleuchtet. Ich diskutiere darin, wie KI und Digitalisierung dazu beitragen können, das Gesundheitswesen nicht nur effizienter, sondern auch menschlicher zu gestalten. Das Buch ist auf Deutsch bei Penguin Random House erschienen und bietet Einblicke in die transformative Kraft von Innovationen in der medizinischen Versorgung.


Kolmogorov-Arnold-Netzwerke: Durchbruch für verständliche KI in regulierten Bereichen

Neuronale Netze zu den leistungsfähigsten Werkzeugen der KI. Sie sind in der Lage, große Datenmengen zu verarbeiten und hochpräzise Vorhersagen zu treffen. Doch ein zentrales Problem bleibt: Viele dieser Netzwerke funktionieren wie eine „Black Box“. Ihre inneren Abläufe sind so komplex, dass selbst Experten nur schwer nachvollziehen können, wie bestimmte Ergebnisse zustande kommen. Diese Intransparenz ist vor allem in Bereichen problematisch, die ein hohes Maß an Nachvollziehbarkeit und Vertrauen erfordern - etwa in der Medizintechnik oder anderen regulierten Industrien.

Die meisten neuronalen Netze basieren auf der Architektur des Multilayer Perceptrons (MLP), einem Standardmodell, das in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Erfolge verbuchen konnte. Dennoch bleibt die Frage: Können wir diesen Netzwerken vertrauen, wenn wir nicht verstehen, wie sie funktionieren? Und ist es möglich, ihre Struktur so zu verändern, dass sie für wissenschaftliche Entdeckungen und regulatorische Zwecke nützlicher werden? Hier setzt das Konzept der Kolmogorov-Arnold Netzwerke (KAN) an, das 2024 von einem Forschungsteam um Ziming Liu am MIT wiederentdeckt wurde.

Die Herausforderung der Intransparenz in der KI

Neuronale Netze sind in der Lage, beeindruckende Vorhersagen zu treffen, aber sie erklären selten, wie sie zu diesen Vorhersagen kommen. Diese mangelnde Interpretierbarkeit ist besonders kritisch in der Medizintechnik, wo Vertrauen und Compliance von entscheidender Bedeutung sind. In regulierten Bereichen müssen Unternehmen nachweisen, dass ihre Algorithmen nachvollziehbar und zuverlässig sind, um strenge Vorschriften wie die der FDA oder ISO 13485 zu erfüllen. In der Praxis erweist sich dies bei MLP-basierten Netzwerken oft als schwierig, da sie kaum Einblick in ihre internen Entscheidungsprozesse gewähren.

Die Entstehung der Kolmogorov-Arnold Netzwerke
Das Prinzip der Kolmogorov-Arnold-Netzwerke geht auf eine mathematische Entdeckung aus den 1950er Jahren zurück. Die Mathematiker Andrei Kolmogorov und Wladimir Arnold bewiesen, dass sich jede komplexe, mehrdimensionale Funktion in eine Kombination einfacher, eindimensionaler Funktionen zerlegen lässt. Obwohl diese Theorie von grundlegender Bedeutung ist, galt sie lange Zeit als praktisch nicht anwendbar - insbesondere für das maschinelle Lernen. Ein wesentlicher Grund dafür war, dass die resultierenden eindimensionalen Funktionen oft „unsmooth“ waren, also scharfe Kanten aufwiesen, was die Lernfähigkeit eines Netzes einschränkte.

Doch 2024 gelang es Liu und seinem Berater Max Tegmark, dieses Problem zu lösen, indem sie eine angepasste Version der Kolmogorov-Arnold-Netzwerke entwickelten. Sie stellten fest, dass moderne Rechenleistung und optimierte Algorithmen eine erfolgreiche Umsetzung der Theorie in die Praxis ermöglichen. So entstand das erste funktionsfähige KAN für wissenschaftliche Anwendungen, bei denen die Interpretierbarkeit im Vordergrund steht.

Vorteile der KAN-Architektur

Im Gegensatz zu MLPs, die auf einfachen numerischen Gewichtungen zwischen den Knoten basieren, verwenden KANs nichtlineare Funktionen. Diese erlauben eine wesentlich feinere Anpassung der Verknüpfungen und ermöglichen eine bessere Abbildung komplexer, multivariater Zusammenhänge. Der entscheidende Vorteil: KANs bieten Transparenz, indem sie ihre Vorhersagen in klaren mathematischen Formeln ausdrücken können - Formeln, die Wissenschaftler verstehen und überprüfen können. Das macht KANs besonders interessant für wissenschaftliche und technologische Anwendungen, bei denen es nicht nur darauf ankommt, die richtigen Ergebnisse zu liefern, sondern auch die zugrundeliegenden Mechanismen zu verstehen.

Beispielsweise konnten KANs ein Problem der Knotentheorie lösen, das zuvor von neuronalen Netzen wie MLPs gelöst wurde. Der entscheidende Unterschied: KANs lieferten nicht nur eine Lösung, sondern auch eine Erklärung für den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Variablen. Diese Erklärungsfähigkeit ist ein enormer Fortschritt und könnte dazu beitragen, neuronale Netze für die Wissenschaft und andere stark regulierte Bereiche nutzbar zu machen.

Relevanz für die Medizintechnik und regulierte Branchen

  • Compliance: In regulierten Bereichen wie der Medizintechnik müssen Unternehmen ihre KI-Systeme regelmäßig gegenüber Behörden und Institutionen erklären und validieren. Die Fähigkeit von KANs, Entscheidungen in verständlichen Formeln auszudrücken, könnte den Validierungsprozess erheblich vereinfachen. Im Gegensatz zu herkömmlichen MLPs, bei denen die Entscheidungsfindung oft undurchsichtig bleibt, erlauben KANs eine detaillierte Analyse der einzelnen Schritte, was für die Einhaltung regulatorischer Anforderungen entscheidend ist.
  • Vertrauensbildung: Ein weiteres wesentliches Element in der Medizintechnik ist das Vertrauen der Endnutzer, seien es die Angehörigen der Gesundheitsberufe oder die Patienten selbst. Da KAN ihre Entscheidungsprozesse offenlegen können, bieten sie eine Grundlage, auf der Angehörige der Gesundheitsberufe die Ergebnisse validieren und nachvollziehen können. Diese Transparenz kann die Akzeptanz von KI-gestützten Diagnosen und Therapien deutlich erhöhen und das Vertrauen in solche Systeme stärken.
  • Hypothesengenerierung und wissenschaftlicher Fortschritt: Ein einzigartiger Vorteil der KI ist ihre Fähigkeit, nicht nur Ergebnisse zu liefern, sondern auch neue wissenschaftliche Hypothesen zu generieren. Dies eröffnet insbesondere in der Forschung und Produktentwicklung neue Möglichkeiten. In der Medizintechnik könnten KAN beispielsweise helfen, verborgene Muster in Daten zu erkennen, die auf neue Biomarker hinweisen, oder die Entwicklung präziser Diagnoseverfahren vorantreiben.

Fazit: Eine neue Ära der verständlichen KI

Kolmogorov-Arnold-Netzwerke bieten eine bahnbrechende Alternative zu herkömmlichen neuronalen Netzen, indem sie nicht nur leistungsfähige Vorhersagen liefern, sondern auch ihre inneren Mechanismen offenlegen. Für stark regulierte Branchen wie die Medizintechnik und andere wissenschaftliche Bereiche könnte dies ein entscheidender Fortschritt sein. Die Fähigkeit von KANs, wissenschaftliche Prinzipien zu extrahieren, die Einhaltung von Vorschriften zu unterstützen und Vertrauen zu schaffen, macht sie zu einer vielversprechenden Technologie für die Zukunft KI-gestützter Innovationen.

Mehr dazu hier: https://www.quantamagazine.org/novel-architecture-makes-neural-networks-more-understandable-20240911/


Präzision statt Masse: Die Herausforderung ungezielter Tests in Medizin-Start-ups

Viele Start-ups im medizinischen Bereich verfolgen die Strategie, möglichst viele Bluttests oder sogar MRTs durchzuführen, um Basisdaten zu sammeln. Die Logik dahinter: Mehr Informationen müssen zwangsläufig zu besseren Diagnosen führen. Doch diese Annahme greift zu kurz und ignoriert wesentliche Prinzipien der evidenzbasierten Medizin. Statt ungezielter Massentests ist ein präzises, auf den einzelnen Patienten abgestimmtes Vorgehen entscheidend - insbesondere unter Berücksichtigung der sogenannten Vortestwahrscheinlichkeit.

Die Idee, asymptomatische Erwachsene durch groß angelegte Screeningprogramme zu testen, wurde in den letzten Jahren mehrfach in Frage gestellt. Ein umfassender systematischer Review von Saquib et al. (2015) zeigt, dass Screening in vielen Fällen keinen signifikanten Einfluss auf die Mortalitätsraten hat. Selbst für populäre Früherkennungsverfahren wie die Mammographie oder den Prostata-spezifischen Antigen-Test konnte nicht nachgewiesen werden, dass sie die Gesamtmortalität senken. Tatsächlich wurden die Sterblichkeitsraten bei vielen Krankheiten, für die Früherkennungsuntersuchungen durchgeführt werden, selten signifikant gesenkt. Lediglich bei einigen spezifischen Erkrankungen wie dem Bauchaortenaneurysma gibt es Hinweise darauf, dass ein gezieltes Screening Leben retten kann.

Wer viel misst, mist viel Mist.

Das wirft die Frage auf: Warum setzen dennoch viele Start-ups auf umfassende, ungezielte Tests? Die Antwort könnte in einem Missverständnis darüber liegen, was diese Tests eigentlich aussagen. Die Referenzbereiche, innerhalb derer Testergebnisse üblicherweise als „normal“ oder „auffällig“ eingestuft werden, sind oft wenig differenziert und können je nach Alter, Geschlecht oder Vorerkrankungen stark variieren. Ein leicht außerhalb des Normbereichs liegender Wert bedeutet nicht zwangsläufig eine Erkrankung - ebenso wenig wie ein normaler Wert garantiert, dass keine Erkrankung vorliegt.

Besonders problematisch ist es, wenn das Screening-Ergebnis zu unnötigen Folgeuntersuchungen führt. Dies birgt nicht nur die Gefahr von Überdiagnosen und Überbehandlungen, sondern belastet auch die Ressourcen des Gesundheitssystems. Die Vorstellung, dass „mehr“ automatisch „besser“ ist, ist daher irreführend. Im Gegenteil: Eine Untersuchung sollte nur dann durchgeführt werden, wenn sie mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich einen medizinischen Mehrwert bringt. Eine wichtige Richtschnur ist dabei die Prä-Test-Wahrscheinlichkeit. Diese berücksichtigt den klinischen Kontext, die Anamnese und die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Krankheitsbild vorliegt. Ohne diesen Kontext werden Tests schnell zu einem Schuss ins Blaue.

Darüber hinaus betonen Gesundheitsbehörden wie das britische National Screening Committee, dass ein Screening-Programm nur dann sinnvoll ist, wenn es nachweislich die Mortalität senkt und die positiven Effekte die Risiken wie Überdiagnosen deutlich überwiegen. Die Einführung von flächendeckenden Screening-Programmen ohne fundierte Datenlage kann daher mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Der Weg zu einer präziseren und personalisierten Medizin führt über eine gezielte, auf den einzelnen Patienten zugeschnittene Diagnostik. Start-ups, die auf umfangreiche Testbatterien setzen, sollten sich stattdessen auf die sinnvolle Auswahl von Tests konzentrieren, die in einem klaren klinischen Kontext stehen. Nur so kann vermieden werden, dass Patienten durch unnötige Untersuchungen verunsichert und das Gesundheitssystem durch überflüssige Diagnostik belastet wird.

Mehr hierzu unteR:

  • https://www.gov.uk/government/publications/evidence-review-criteria-national-screening-programmes/criteria-for-appraising-the-viability-effectiveness-and-appropriateness-of-a-screening-programme
  • https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25596211/

Hugging Face: Eine neue Ära der Open-Source-KI

(Dezember 2023)

Künstliche Intelligenz (KI) wird seit Jahren von wenigen großen Technologiekonzernen dominiert, die ihre Modelle und Daten wie Betriebsgeheimnisse hüten. Clément Delangue, CEO von Hugging Face, stellt dieses Paradigma infrage. Er sieht die Zukunft der KI in einem offenen, kollaborativen Ansatz, der nicht nur den Zugang zu Technologie demokratisiert, sondern auch ethische und soziale Fragen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit adressiert.

Seit seiner Gründung im Jahr 2016 hat sich Hugging Face zu einer der wichtigsten Plattformen für Open-Source-KI entwickelt. Die beeindruckende Zahl von über 300.000 Modellen und 100.000 Anwendungen, die auf der Plattform bereitgestellt werden, verdeutlicht die Reichweite des Unternehmens. Mehr als 50.000 Organisationen nutzen inzwischen die Dienste von Hugging Face, was nicht nur auf die technologische Exzellenz der Plattform zurückzuführen ist, sondern vor allem auf das offene Modell, das Entwickler und Start-ups gleichermaßen ermächtigt.

Im Gegensatz zu den großen Tech-Konzernen wie Google, Meta oder OpenAI, die ihre proprietären Technologien strikt abschirmen, verfolgt Hugging Face einen anderen Kurs: Offenheit und Transparenz. Ein Bericht der Stanford University aus diesem Jahr kritisierte führende KI-Unternehmen dafür, dass sie zu wenig über die gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Modelle und deren Aufbau preisgeben. Diese Zurückhaltung wirft grundlegende Fragen auf: Wem gehört eigentlich KI? Und welche Machtstruktur steht hinter ihrem Einsatz?

Delangue setzt genau hier an. Er sieht nicht nur einen technologischen, sondern auch einen moralischen Imperativ, Modelle und Datensätze zugänglich zu machen. „Wir brauchen mehr Unternehmen, die ihre Modelle und Datensätze öffentlich teilen, damit jeder in der Lage ist, KI zu verstehen und selbst zu entwickeln“, erklärte er kürzlich in einem Interview. Dieser Ansatz widerspricht dem traditionellen Wettbewerbsgedanken der Branche, eröffnet jedoch ein weitaus größeres Innovationspotenzial: Anstatt Wissen zu monopolisieren, entsteht durch das Teilen von Ressourcen ein breiteres Innovationsökosystem, das auf kollektiver Intelligenz basiert.

Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser Offenheit hat Hugging Face bedeutende Investoren angezogen. Namen wie Google, Microsoft und Amazon gehören zu den Förderern des Unternehmens, dessen Bewertung im August 2023 auf 4,5 Milliarden Dollar stieg. Dies zeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg und Open-Source nicht im Widerspruch stehen. Vielmehr wird deutlich, dass die Plattform von Hugging Face als ein zentraler Knotenpunkt für zukünftige KI-Entwicklungen betrachtet wird – eine Art „GitHub für KI“.

Doch das eigentliche Potenzial von Hugging Face liegt nicht nur in der Technologie, sondern in der Schaffung einer globalen Entwickler-Community. Während andere Unternehmen ihre Entwicklungen intern halten, schafft Hugging Face einen Raum für Zusammenarbeit, Feedback und gemeinsames Lernen. Dies könnte langfristig eine tiefgreifende Veränderung der KI-Landschaft bewirken: weg von einer elitären Technologie, hin zu einer, die für alle zugänglich ist. Dieser Community-basierte Ansatz könnte zu einem Wendepunkt führen, indem er nicht nur die technologische Entwicklung beschleunigt, sondern auch die gesellschaftliche Akzeptanz und das Vertrauen in KI stärkt.

Clément Delangue versteht es dabei, strategisch geschickt die Gratwanderung zwischen Offenheit und wirtschaftlichem Erfolg zu meistern. Während Hugging Face einerseits als Kritiker der Tech-Giganten auftritt, die ihre Modelle hinter verschlossenen Türen entwickeln, arbeitet es andererseits eng mit diesen zusammen. Diese duale Strategie ist bemerkenswert: Indem das Unternehmen sowohl die Community stärkt als auch die größten Player der Branche einbindet, hat Hugging Face eine Plattform geschaffen, die einen wesentlichen Beitrag zur Zukunft der KI leisten könnte.

Ein weiterer entscheidender Schritt für Hugging Face war die direkte Einmischung in politische Prozesse. Bei einer Anhörung vor dem US-Kongress im Juni dieses Jahres betonte Delangue, wie wichtig es sei, dass KI-Systeme für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und offengelegt werden. In einer Zeit, in der die gesellschaftlichen Auswirkungen von KI oft undurchsichtig sind, setzt Hugging Face auf Transparenz – und positioniert sich als Vorreiter einer Bewegung, die das Potenzial hat, das Kräfteverhältnis in der Technologiebranche neu zu ordnen.

Für 2024 hat sich Delangue ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: 10 Millionen Nutzer sollen die Plattform von Hugging Face aktiv nutzen. Während die Entwicklungen im KI-Bereich in rasantem Tempo voranschreiten, bleibt Hugging Face seiner Vision treu: die Transformation von KI zu einer kollaborativen, offenen und transparenten Technologie. Wenn es gelingt, diesen Weg weiterzugehen, könnte das Unternehmen langfristig nicht nur die Art und Weise verändern, wie KI entwickelt wird, sondern auch, wer Zugang zu dieser Technologie hat.

Quelle: https://qz.com/hugging-face-clement-delangue-ai-democracy-1851058839

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Wir vergessen zu oft, dass die Patient*innenreise weit vor den Klinikpforten beginnt und erst lange hinter ihnen aufhört.

Die japanischen Konzepte des Raums und ihre Implikationen für das Gesundheitswesen

In einem Artikel von Quartz werden verschiedene japanische Konzepte des Raums erläutert, die einen neuen Blick auf die Welt und insbesondere auf die Gestaltung von Heilungsprozessen im Gesundheitswesen ermöglichen könnten. Diese Konzepte betonen, dass Heilung nicht nur durch Sicherheit und einzelne Geräte beeinflusst wird, sondern auch stark von der gesamten Umgebung, in der sich Patient*innen und Gesundheitspersonal befinden, abhängt.

Wir vergessen zu oft, dass die Patient*innenreise weit vor den Klinikpforten beginnt und erst lange hinter ihnen aufhört.
Wir vergessen zu oft, dass die Patient*innenreise weit vor den Klinikpforten beginnt und erst lange hinter ihnen aufhört.

Wir vergessen zu oft, dass die Patient*innenreise weit vor den Klinikpforten beginnt und erst lange hinter ihnen aufhört.

  1. Relationale Räume (Wa): Wa bezieht sich auf das Bewusstsein für zwischenmenschliche Verbindungen und wird oft mit der Bewegung der Luft verglichen. Jeder Raum hat eine bestimmte Qualität, die die Art der Beziehungen beeinflusst, die dort entstehen. Im Gesundheitswesen könnte dieses Konzept dazu beitragen, Räume so zu gestalten, dass sie förderliche Beziehungen zwischen Patient*innen, Ärzt*innen und Pflegepersonal ermöglichen, was wiederum den Heilungsprozess unterstützen kann. Beispielsweise könnte ein Wartezimmer in einer Klinik so gestaltet werden, dass es nicht nur funktionell ist, sondern auch eine beruhigende Atmosphäre schafft, die Patient*innen und ihre Angehörigen emotional unterstützt.
  2. Wissensmobilisierende Räume (Ba): Ba beschäftigt sich mit der Anordnung von Elementen, um Verbindungen zu schaffen, die neues Wissen oder Erfahrungen fördern. Dieses Prinzip könnte im Gesundheitswesen angewendet werden, um interdisziplinäre Teams zu fördern und einen Austausch von Wissen und Erfahrungen zwischen verschiedenen Fachbereichen zu ermöglichen. In einem Krankenhaus könnte dies bedeuten, dass Räume so gestaltet werden, dass sie natürliche Begegnungspunkte für Fachkräfte verschiedener Disziplinen bieten, um Wissenstransfer und kollaboratives Arbeiten zu erleichtern.
  3. Standort (Tokoro): Tokoro bezieht sich auf den Ort oder die Lage, ist aber auch mit dem Zustand des Seins verbunden. Im Kontext des Gesundheitswesens bedeutet dies, dass die physische Umgebung eines Krankenhauses oder einer Praxis nicht nur ein Ort der Behandlung ist, sondern auch kulturelle, soziale und historische Bedeutungen trägt, die den Heilungsprozess beeinflussen können. Dies könnte bedeuten, dass Krankenhäuser und Kliniken so gestaltet werden, dass sie nicht nur funktional sind, sondern auch eine Verbindung zur lokalen Gemeinschaft und Umgebung herstellen, um ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Wohlbefindens zu fördern.
  4. Negativer Raum (Ma): Ma wird oft als negativer Raum übersetzt, bezieht sich aber auf Freiräume, die das Nebeneinander von Unterschiedlichem ermöglichen. In der Gesundheitspflege könnte das Design von Räumen, die Ruhe und Reflexion ermöglichen, dazu beitragen, den Stress für Patientinnen und Personal zu reduzieren und einen Raum für Heilung und Erholung zu schaffen. Beispielsweise könnten in einem Krankenhaus Bereiche geschaffen werden, die Ruhe und Entspannung fördern, wie Gärten oder Meditationsräume, die Patientinnen und Personal gleichermaßen zur Verfügung stehen.

Für Innovatoren im Gesundheitswesen bietet die Berücksichtigung dieser Raumkonzepte die Möglichkeit, über die reine Funktionalität von Räumen hinauszugehen und Heilungsprozesse in einer umfassenderen und ganzheitlicheren Art und Weise zu unterstützen. Indem Räume so gestaltet werden, dass sie positive zwischenmenschliche Beziehungen fördern, Wissenstransfer erleichtern, den Kontext und die Geschichte des Ortes einbeziehen und Ruhezonen schaffen, können sie dazu beitragen, das Wohlbefinden und die Genesung der Patient*innen sowie das Arbeitsumfeld des Gesundheitspersonals wesentlich zu verbessern.

Die Integration dieser Konzepte in die Planung und Gestaltung von Gesundheitseinrichtungen könnte eine tiefgreifende Veränderung in der Art und Weise bewirken, wie Patient*innen und Fachkräfte Räume erleben und nutzen, was letztlich zu einer verbesserten Gesundheitsversorgung und Patientenerfahrung führen könnte.


KI im Gesundheitswesen: Eine Analyse der Dynamik zwischen KI und Fachkräften

Was sind die Auswirkungen von KI auf Ärzt*innen?

In einem Artikel von The Economist wird die Auswirkung Künstlicher Intelligenz (KI) auf verschiedene Berufsfelder und die damit verbundene Gehaltsentwicklung untersucht. Für Gesundheitsfachkräfte, insbesondere Ärzt*innen, bietet diese Analyse wichtige Einblicke in die zukünftige Dynamik ihres Berufsfeldes.

Die KI-Technologie, noch in ihren Kinderschuhen, hat bereits in einigen Branchen signifikante Veränderungen herbeigeführt. In der Übersetzungsbranche beispielsweise haben Sprachmodelle die Rolle von Übersetzern verändert, sodass sie nun mehr als Korrekturleser denn als Erstübersetzer fungieren. Im Kund*innenservice hat KI die Leistungsfähigkeit von weniger qualifizierten Mitarbeiter*innen erhöht. Im Verkauf jedoch hat sich gezeigt, dass Spitzenkräfte KI nutzen, um ihre Leistung weiter zu steigern und sich von ihren Kolleg*innen abzuheben.

Die Medizin wird nicht viel anders sein als andere Industrien

Diese Beobachtungen lassen vermuten, dass KI im Gesundheitswesen ähnliche Trends hervorrufen könnte. KI könnte Routineaufgaben übernehmen und so Ärzten ermöglichen, sich auf komplexere und anspruchsvollere Fälle zu konzentrieren. Dies könnte einerseits dazu führen, dass die Anforderungen an medizinische Fachkräfte steigen und damit auch ihre Fachkompetenz und ihr Gehalt. Andererseits könnte die KI auch weniger qualifizierte Gesundheitsarbeiter*innen unterstützen, indem sie ihnen hilft, effizienter zu arbeiten und ihre Fähigkeiten zu verbessern.

Es ist jedoch zu beachten, dass die Auswirkungen der KI auf das Gesundheitswesen komplex sind. Während einige Routineaufgaben automatisiert werden können, bleiben die empathischen und zwischenmenschlichen Aspekte der Patient*innenversorgung weiterhin unersetzlich. Darüber hinaus erfordert die Integration von KI in die medizinische Praxis eine sorgfältige Abwägung ethischer Überlegungen, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und Patient*innensicherheit.

Ärztliche Weiterbildung im KI-Zeitalter

Langfristig könnte die KI das Gesundheitswesen revolutionieren, indem sie Ärzt*innen ermöglicht, effizienter zu arbeiten, Diagnosen zu verbessern und personalisierte Behandlungspläne zu erstellen. Dies könnte die Qualität der Patient*innenversorgung verbessern und gleichzeitig die Arbeitsbelastung für Ärzt*innen reduzieren. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich diese Technologien weiterentwickeln und wie sie letztlich in die medizinische Praxis integriert werden. Für Gesundheitsfachkräfte ist es wichtig, sich mit diesen Entwicklungen auseinanderzusetzen und sich kontinuierlich weiterzubilden, um die Vorteile der KI voll ausschöpfen zu können.

Hier ist der Economist Artikel: https://www.economist.com/finance-and-economics/2023/11/16/what-will-artificial-intelligence-mean-for-your-pay


Kontinuierliche Daten: Der Schlüssel zur Transformation medizinischer Diagnostik und Behandlung

Die medizinische Landschaft steht an der Schwelle einer Revolution, angeführt von der kontinuierlichen Datenerfassung, die unser Verständnis und unsere Reaktionsfähigkeit auf gesundheitliche Veränderungen dramatisch verbessern wird. Ein prominenter Vertreter dieses Wandels sind die kontinuierlichen Glukosemonitore (CGMs), die trotz anfänglicher Skepsis wegen ihrer Ungenauigkeit im Vergleich zu traditionellen Fingerstichmessungen an Bedeutung gewinnen. Es ist die Fähigkeit dieser Technologie, Trends zu erkennen und Einblicke in die Glukoseschwankungen über den Tag zu gewähren, die ihren wahren Wert ausmacht.

Die Herausforderung besteht darin, die Macht der kontinuierlichen Überwachung zu erkennen und zu nutzen. Die Kritik, dass CGMs für Nicht-Diabetiker Zeitverschwendung seien, beruht auf einer verkürzten Perspektive, die die Vorteile von Trendanalysen und Echtzeitdaten unterschätzt. Die herkömmlichen Messungen, wie Nüchternblutzucker oder HbA1c-Werte, geben nur eine Momentaufnahme und können irreführend sein, da sie mögliche Glukoseschwankungen während des Tages nicht erfassen.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass etwa ein Drittel der Personen, deren HbA1c-Werte auf einen normalen Blutzuckerspiegel hindeuten, in Wahrheit eine hohe Variabilität aufweisen. Diese Variabilität ist entscheidend, denn Studien haben eine hohe Glukosevariabilität mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer, Frailty und Tod in Verbindung gebracht. Selbst bei als normal eingestuften Glukosespiegeln können regelmäßige Überschreitungen der optimalen Werte auf lange Sicht gesundheitsschädlich sein.

Die Forschung zeigt, dass selbst geringe Hyperglykämien, die in der herkömmlichen Diagnostik möglicherweise unentdeckt bleiben, das Risiko für Atherosklerose erhöhen können. CGMs ermöglichen die Identifizierung solcher Episoden und bieten die Möglichkeit, frühzeitig Interventionen einzuleiten. Diese kontinuierliche Überwachung und Datenerfassung wird noch verstärkt durch den Einsatz von KI und die Speicherung von Daten in der Cloud, wodurch Muster und Trends erkannt und präventive Maßnahmen entwickelt werden können.

Die Verwendung von CGMs als Beispiel illustriert, wie die kontinuierliche Überwachung das Potenzial hat, das Feld der Diagnostik und Behandlung zu transformieren. Was ursprünglich als Ergänzung zur herkömmlichen Medizin angesehen wurde, erweist sich zunehmend als integraler Bestandteil eines proaktiven Gesundheitsmanagements. Ärzte und Gesundheitsspezialisten müssen sich von eingefahrenen Praktiken lösen und die Vorteile dieser Technologien anerkennen, die es ermöglichen, über episodische Tests hinauszugehen und ein kontinuierliches, umfassendes Bild der Patientengesundheit zu erhalten.

Die kontinuierliche Überwachung ist kein Ersatz für traditionelle Methoden, sondern eine Erweiterung, die es ermöglicht, präzisere und personalisierte Gesundheitspläne zu erstellen. Sie ist der Schlüssel zu einer präventiven Medizin, die nicht nur darauf abzielt, Krankheiten zu behandeln, wenn sie auftreten, sondern das Auftreten von Krankheiten von vornherein zu verhindern. In einer Welt, in der das Gesundheitswesen zunehmend von großen Datenmengen und deren Analyse abhängig ist, wird die kontinuierliche Datenerfassung unverzichtbar für die Gestaltung der medizinischen Zukunft sein.

Hier ist ein interessanter Artikel zu den CGMs von Peter Attia: https://peterattiamd.com/are-continuous-glucose-monitors-a-waste-of-time-for-people-without-diabetes/ 


Biotechnologie im Tech-Aufschwung – eine Synthese der Perspektiven

Jorge Conde und Jay Rughani von Andreessen Horowitz stellen fest, dass, entgegen dem oft zitierten Eroom's Law, die Biotechnologie durch die Verdoppelung der von der FDA genehmigten Medikamente zwischen 2010 und 2019 einen deutlichen Fortschritt erzielt hat. Sie argumentieren, dass die Biotechnologie momentan eine technologische Renaissance erlebt, die über traditionelle Verfahren wie rekombinante DNA hinausgeht und nun fortschrittliche biologische Engineering-Tools und Software einschließt.

Insbesondere die Rolle der Software in der Biotechnologie wird hervorgehoben. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und spezialisierten Software-as-a-Service (SaaS)-Werkzeugen hat das Potenzial, wie Medikamente entdeckt, entwickelt und vertrieben werden, grundlegend zu verändern. Die Autoren sehen die Zukunft in SaaS-Tools, die speziell für die Biotechnologie entwickelt wurden und von Gründern geführt werden, die sowohl in der Technik als auch in der Biotechnologie bewandert sind.

Conde und Rughani skizzieren, wie diese Werkzeuge durch Netzwerkeffekte an Wert gewinnen, indem sie neue Nutzer hinzufügen und mehr Daten verarbeiten. Sie betonen, dass es für die meisten Biotechnologie-Unternehmen ineffizient wäre, interne Tools zu entwickeln, die mit diesen spezialisierten Angeboten konkurrieren könnten.

Die Entdeckung neuer Medikamente umfasst kontinuierliche Zyklen von Experimenten, Analysen und Iterationen, wobei immer komplexere Datenmengen verarbeitet werden müssen. Im Bereich der Entwicklung neuer Medikamente betonen sie die Notwendigkeit einer technischen Überholung der klinischen Studieninfrastruktur. Software kann dabei helfen, Inventar und Lieferketten zu organisieren und neue Modelle wie dezentralisierte oder virtuelle Studien zu ermöglichen.

Für die Verteilung von Medikamenten beschreiben die Autoren, wie SaaS-Tools die Hersteller bei der Verwaltung komplexer Lieferketten unterstützen und die Einhaltung regulatorischer Anforderungen sicherstellen können. Unternehmen wie Veeva, Benchling und Komodo haben als Pioniere der Biotech-SaaS diesen Trend angeführt und bleiben wichtige Stützen im Technologiestapel der Biotechnologie.

Abschließend fordern Conde und Rughani diejenigen, die in diesem Bereich tätig sind oder gerade erst beginnen, auf, sich mit ihnen in Verbindung zu setzen, da sie auch nach Möglichkeiten suchen, mehr zu erreichen. Sie betonen, dass Biotechnologie schwierig ist und dass eine genaue Kenntnis der Biologie sowie der Softwaretechnik erforderlich ist, um erfolgreich zu sein. Sie warnen vor den Herausforderungen beim Aufbau solcher Unternehmen und betonen gleichzeitig das Potenzial, durch den Erfolg in dieser vertikalen SaaS-Nische die moderne biotechnologische Technologielandschaft maßgeblich zu prägen.

Hier ist der Original-Artikel: https://a16z.com/doing-more-with-moore-biotechs-tech-moment/